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Südkurier vom 23.Januar 2024 - CLAUDIA LADWIG

Krimi um Armut, Missbrauch und Kinderarbeit: Ludwigshafenerin nimmt Leser mit auf Zeitreise

Rowena Strittmatter hat ein neues Buch geschrieben und widmet sich dem Berner Oberland des 19. Jahrhunderts. Wovon das Buch handelt – und warum sie darüber schreibt.

 Ladwig Strittmatter

Bild: Claudia Ladwig
 
 

CLAUDIA LADWIG

Es geht um Krankheiten, Ausbeutung und ein hartes Leben in einer anderen Zeit. Rowena Strittmatter aus Ludwigshafen hat ein neues Buch veröffentlicht. „Der Zündhölzli-Bub“ basiert auf wahren Begebenheiten, denen sie mit viel Fantasie eine Geschichte vor historischem Hintergrund hinzugefügt hat. Die Handlung spielt in der Zeit von 1850 bis 1900.

Auf die Idee kam die Autorin, als sie im Sommer 2021 im SÜDKURIER einen Beitrag zur Eröffnung des Zündhölzli-Museums Frutigland im Berner Oberland las, erzählts sie. Dort liegt die Geburtsstätte der schweizerischen Zündholzindustrie. Sie recherchierte im Heft „Die Zündholz-Industrie im Frutigland“ von Hans Egli und Ruedi Egli, dem Präsidenten der Kulturgutstiftung Frutigland, und im Internet.

Die schwere Arbeit in den Zündholzfabriken
In der Zündmasse der Streichhölzer wurde damals Phosphor verarbeitet. Damit brachte die Zündholzindustrie zwar Arbeit und Lohn, aber auch eine schwere Krankheit, die Phosphornekrose, umgangssprachlich Kieferfraß genannt. Die schleichende Krankheit führte unter furchtbaren Leiden oft zum Tod oder entstellte, falls eine Operation erfolgreich war, das Gesicht der Kranken. Rowena Strittmatter sagt: „Viele Leute waren so arm, dass sie, obwohl das Risiko bekannt war, dort arbeiteten – sonst wären sie verhungert.“

Zum Inhalt

Die Geschichte beginnt im Oktober 1849 in Weißbrügg, einem fiktiven Dorf in den Schweizer Alpen. Jakob und Josef verlieren ihre Mutter bei der Geburt der kleinen Schwester. Bald beginnt für die Jungen eine harte und entbehrungsreiche Kindheit. Ihr Leben ist geprägt von langen und gefährlichen Arbeitstagen in der örtlichen Zündholzfabrik. Als sein kleiner Bruder von einer Steinlawine getötet wird, glaubt Jakob an einen Mord. Er verdächtigt Ramun, den privilegierten Sohn eines Fabrikbesitzers, doch niemand nimmt ihn ernst und er ist zu mittellos, um Gerechtigkeit zu erlangen. 30 Jahre später wird seine gehörlose Tochter von Ramun vergewaltigt und geschwängert. Jakob will Gerechtigkeit für seine Tochter, kommt vielen gut gehüteten Geheimnissen auf die Spur und scheut sich nicht, bis zur letzten gerichtlichen Instanz zu gehen. (wig)

Aus Werken von Charles Dickens habe sie schon zuvor gewusst, dass es in England eine große soziale Ungerechtigkeit zwischen der armen und reichen Bevölkerung gegeben hatte, berichtet die gebürtige Engländerin. Sie kannte Beschreibungen sogenannter Arbeitshäuser, in denen arme Menschen, vor allem Bettler, aber auch verwahrloste Waisenkinder aufgenommen und zur Arbeit gezwungen wurden.

Sie habe aber nicht gewusst, dass es in der Schweiz auch Kinderarbeit gegeben hat, so Rowena Strittmatter, die erstmals mit 17 Jahren für einen Ferienjob an den Bodensee kam, ehe sie nach einem Au-Pair-Aufenthalt in Tuttlingen und Stationen in Stuttgart und Lauchringen dauerhaft nach Ludwigshafen zog.
Hungersnöte bewegten viele zum Auswandern

Strittmatter spricht über die große Hungersnot ab 1845 in Irland, über dessen Schutzpatron St. Patrick sie 2021 bereits einen Roman geschrieben hatte. Manche Großgrundbesitzer hätten die Ausreise ihrer Pächter gefördert oder ganz finanziert, weil es günstiger gewesen sei, einmalig eine Überfahrt nach Amerika zu bezahlen als längerfristig für den Unterhalt in einem Armenhaus aufkommen zu müssen.

Doch die Kartoffelfäule, die ab 1845 in Irland eine Millionen Menschen in den Hungertod und zwei Millionen in die Emigration trieb, wütete auch in der Schweiz. Mancherorts, so berichtet die Autorin, seien die Behörden sogar so weit gegangen, arme Leute regelrecht zur Auswanderung zu zwingen. Amerika wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auch für Schweizer zum wichtigsten Auswanderungsziel.

Roman verbindet Sozial- und Ortsgeschichte mit einem Krimi

Für ihre Geschichte beruft sie sich auf wahre Begebenheiten und greift auch ein Ereignis auf, von dem ihr Rudolf Jungen aus Frutigen bei einem Treffen in der Schweiz berichtet habe. Seine gehörlose Großmutter sei vom Fabrikdirektor vergewaltigt worden, was dieser stets abgestritten habe. Die Familie forderte von ihm Unterhalt für das Kind, einen Jungen, ging vor Gericht bis zur letzten Instanz und bekam Recht. Dadurch konnte der Junge eine Lehre als Bäcker machen und den Armutskreis durchbrechen.

Viele Frauen seien damals durch den Fall seiner Großmutter ermutigt worden, öffentlich zu machen, dass auch sie missbraucht worden waren. Auf den Rat ihrer Lektorin hat Rowena Strittmatter dieses Ereignis in ihrem Buch etwas anders enden lassen – die Grundlage sei aber belegt.

Ihr Buch verbindet Sozialgeschichte und die Ortsgeschichte mit einem spannenden Krimi. Die Themen Migration und die „Me-too-Bewegung“ sind heute genauso aktuell wie damals. Für die Originalausgabe „The Matchstick Boy“ erhielt sie bereits zwei Preise: den “Winner of the Coffee Pot Book Club Silver Award for Historical Mysteries“ und den „Reader‘s Choice, 5 Stars Award“. Seit Anfang Dezember liegt die deutsche Fassung vor und kann im Internet bestellt werden.

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